Salz – ein unerlässliches Mineral

Ein Mineral, welches wir täglich bewusst und unbewusst zu uns nehmen und das wir zum Leben brauchen. Ein Mineral mit einer langen Geschichte, vor allem zu der Zeit, als es noch nicht maschinell untertägig abgebaut werden konnte und es nicht für wenige Cent im Supermarktregal zu kaufen gab. Schon im Altertum, lange vor unserer Zeitrechnung wurde Salz zum Konservieren von Lebensmitteln und würzen genutzt. Anders war es nicht möglich Fleisch, Fisch, Kohl und andere Lebensmittel haltbar zu machen. Bevor es technische Möglichkeiten zur Kühlung gab, war Salz die Lösung für dieses Problem. Jedoch war die Gewinnung aufwendig und teuer und daher war Salz viele Jahrhunderte ein wertvolles Wirtschaftsgut.

Von den täglich abgebauten Salzen fließen nur 1% in die Lebensmittelindustrie fließt, der Rest wird industriell genutzt. Nicht nur als Auftausalz oder zur Wasserenthärtung, wie z.B. in Geschirrspülern. Es gibt kaum einen Industriezweig, der ohne Salz auskommt. In dieser Abhandlung geht es ausschließlich um das Speisesalz, das wir in unterschiedlichen Qualitäten, Reinheitswerten und Gesundheitsversprechen mit einem Kilopreis zwischen 2,00 € bis 100,00 € und mehr kaufen können. Früher gab es eine solche Vielfalt, wie sie heute angeboten und beworben wird nicht. Man kannte nur salzhaltiges Quellwasser, oder freiliegendes Steinsalz. Wo mit wenig Aufwand daraus Speisesalz hergestellt wurde, entstanden häufig Siedlungen und Städte, die heute meist Heilbäder sind und eine lange Entwicklungsgeschichte hinter sich haben. Man erkennt sie an ihren Namen, wie Bad Salzungen, Bad Langensalza, Bad Salzgitter oder Bad Sooden-Allendorf, wobei sich dieser Name auf die Verarbeitung, das Sieden von Salzsole bezieht. Doch wo kommt es her?

Salz ist in fast allen Meeren in unterschiedlichen Konzentrationen enthalten. Früher, das war vor ungefähr 260.000.000 Millionen Jahren, befand sich nördlich der Mittelgebirge, in einem breiten Streifen von Frankreich bis Polen ein Meer, das Zechsteinmeer.  Durch Erosionen, entstanden Berge und Täler, in denen sich das Wasser sammelte und verdunstete, bis das Meer ausgetrocknet war. Erdschichten lagerten sich darüber ab und es entstanden mächtige Salzflöze, tief in der Erde. Auf diesen sammelte sich salzhaltiges Wasser, das man als Sole bezeichnet. Da, wo die Sole der Sonne ausgesetzt war und nicht abfloss, lagerte es sich ab und konnte genutzt werden. Früh schon erkannte man, dass Salz durch Erhitzen und Verdunsten der Sole, gewonnen werden kann.

An anderen Orten, wie an der französischen Küste wird das Meerwasser, dass einen Salzgehalt zwischen 1-3 % hat, in flache Becken geleitet, gelegentlich gerührt und die Sonne erledigt den Rest. Nach der Verdunstung des Wassers wird das Salz abgeschöpft und getrocknet. Man kann es als Fleur de Sel erwerben. Mit der richtigen Marketingstrategie, einer ansprechenden Verpackung, wird es zu Preisen um die 65,00 € das Kilo vermarktet. Wo hingegen das handelsübliche Speisesalz, aus Steinsalz gewonnen, unter 2,00 € das Kilo kostet. Neben Fleur de Sel kennt man noch andere Modesalze wie das Himalaya Salz, das schwarzes Salz aus Afrika, das Sylter Salz und andere exotische Ausführungen, die teuer gehandelt werden. Alle Speisesalze haben eins gemeinsam, man kann damit Speisen würzen und konservieren.

Heute wird in Deutschland bis auf wenige, sehr kleine Manufakturen nur noch Steinsalz abgebaut. Dieses lagert tief in der Erde in mächtigen Flözen. Der Abbau erfolgt Untertage, mit modernster Technik, die man vor über 1000 Jahren, wie in unserer Region die Salzgewinnung begann, nicht kannte. Steinsalz mit geringen Verunreinigungen kann bergmännisch trocken abgebaut werden. Es ist absolut frei von Schadstoffen, wie Mikroplastik, Reifenabrieb oder sonstigen Umweltbelastungen. Trotzdem wird es chemisch und physikalisch gereinigt, gemahlen und raffinieret. Dieses Steinsalz, das sich vor Millionen Jahren abgelagert hat und keinen Umwelteinflüssen ausgesetzt war, ist das Salz mit dem höchsten Reinheitswert.

Am Beispiel der Stadt Bad Sooden-Allendorf lässt sich die geschichtliche Entwicklung der Salzgewinnung und Vermarktung gut darstellen. Ab wann es in unserer Region Salzquellen gab, aus denen Salz durch Sieden gewonnen wurde, ist unklar. Man geht davon aus, dass dies schon zur Zeit der Chatten gewesen sein könnte. Erste Aufzeichnungen erwähnen im Jahre 58, Salzquellen an einem Grenzfluss zu Thüringen. Dafür kommen mehrere Orte infrage, man geht davon aus, dass es sich um die Quellen im Bereich des heutigen Bad-Sooden-Allendorf gehandelt haben könnte. Aus einer Urkunde, welche sich auf die Zeit zwischen 776 und 779 bezieht, geht hervor, dass der Frankenkönig Karl der Große, dem Kloster Fulda Salzquellen, Salzpfannen samt hörigen Salzarbeitern sowie Markt, Tribut und Zoll geschenkt habe, unter der Voraussetzung, dass Abgaben zu leisten seien. Diese bestanden aus wöchentlich einem Karren Salz, der an das Kloster zu liefern war.

Die Pfänner, die das Salz siedeten, waren wohlhabend und bestimmten das Leben innerhalb eines Salzwerkes. Salzwerk ist die korrekte Bezeichnung für den Standort, wo Salz gesiedet wurde, im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man das Wort Saline. Mit menschlicher Muskelkraft wurde aus 7 Meter tiefe mit einfachen Kolbenpumpen Sole in eine offene Ringleitung gepumpt von wo aus sie, zu den damals 42 Koten (Siedehütten) lief. Diese Ringleitungen wurden später geschlossen. Man suchte sich gerade gewachsene Baumstämme, die man ausgehölte, verband und als Leitung nutzte.

    

       

      

     

     

      

      

       

      

Eine Kote ist ein Gebäude mit einer Feuerstelle, über der eine Pfanne hängt und in der die Salzsole erhitzt wird. Die Siedepfannen waren rechteckig mit einem niedrigen Rand. Sie hatten eine Abmessung von ca. 3,35 x 3,65 x 0,30 cm und hingen an Ketten über einer offenen Feuerstelle. Da das Eisen zu dieser Zeit noch nicht von hoher Güte war, mussten die Pfannen nach ca. 3 Jahren erneuert werden. Beim Sieden verdampft ab 75 Grad das Wasser und es bilden sich Salzkristalle an der Wasseroberfläche, welche versteinern. Hier tritt nun ein einmaliges Phänomen auf. Ab diesem Zeitpunkt, wo sich eine geschlossene Kruste gebildet hat, kann aus dem restlichen Wasser kein Salz mehr gewonnen werden. Daher muss die Salzsole ständig durch Rühren in Bewegung gehalten werden, bis das Wasser der Sole vollständig verdampft ist.

         

          

     

     

     

      

      

      

       

Um 1600 dauerte ein Siedevorgang sechzehn und mehr Stunden. Je Siedekote waren damit fünf Personen beschäftigt. Der Siedemeister mit seinem Salzknecht, einem Siedeknecht und zwei Frauen, meist aus der Familie, die den ganzen Tag mit dem Sieden beschäftigt waren. Wichtigste Voraussetzung für das Sieden einer Sole ist eine Salzkonzentration von 22%. Sole, die sich in unterirdisch angesammelt hat, weist eine Konzentration von ca. 5 % auf. Während anfangs die rohe Sole, mit dem Salzgehalt wie sie zutage trat, gesiedet wurde, begann ab 1601 das "Dröppeln" über die nach und nach gebauten Gradierwerke.

Ein Gradierwerk ist ein langes ca. 12 Meter hohes, schmales Gebäude ohne Wände. Hier drin wurde anfangs Stroh geschichtet, über das man das Solewasser rieseln ließ. Sonne und Wind sorgen dafür, dass das Wasser verdunstet. Dieser Vorgang wurde mehrfach wiederholt, bis die Salzkonzentration, auch Siedeloth genannt, eine entsprechende Konzentration aufwies. Der Vorgang wird als hochgradieren bezeichnet und muss ca. 7-mal wiederholt werden.

Bis zum Niedergang des Salzsiedens gab es im Salzwerk Allendorf 22 Gradierwerke und 88 Koten.  Da in den Koten die Feuer ständig brannten, war der Brennholzbedarf enorm groß. Bäume zu fällen, daraus passendes Brennmaterial zu gewinnen, war sehr aufwendig und teuer. Als durch den Pfarrer und Leiter des Salzwerkes, Mag. J. Rhenanus im Gebiet des "Hohen Meissner" Kohle entdeckt wurde, begannen sukzessive über Jahre hinweg Versuche, diese als Brennmaterial zu nutzen. Langfristig änderte sich die Befeuerung im Laufe von 200 Jahren von Holz über Glanzkohle bis hin zur Braunkohle. Diese wurde in der Zeche Schwalbental abgebaut.

Die Landgrafen, Besitzer der Solequellen, hatten das Salzmonopol und legten fest, wieviel Koten sieden durften und wie hoch die Abgaben waren. Dadurch wurde Salz zu einem teuren Handelsgut, an dem wenige, vor allem die Landgrafen gut verdienten. Wenn man sich unter diesem Aspekt die alten Sehenswürdigkeiten von Kassel unter dem Ausspruch, „Salz ist wertvoller, wie Gold betrachtet“, kann man verstehen, woher ein Teil des Geldes dafür kam.  

1540 wurde die menschliche Muskelkraft durch Pferdekraft ersetzt, um die Sole aus den Quellen zu pumpen. Sechs sogenannte Brunnenpferde drehten in einem Göpel einen Schwengel, über den das Wasser gefördert wurde. Diese Art der Förderung wurde fortan Ross-Kunst genannt. Das Salzwerk Allendorf zählte zu den bedeutendsten in Deutschland. Alle neuen, technischen Entwicklungen flossen in den Produktionsprozess, wodurch kostengünstiger und effektiver produziert werden konnte. Viele Neuerungen, die sich hier bewährt hatten, wurden in anderen Salzwerken übernommen.

Fuhrleute, und Salzschiffer transportierten das "weiße Gold" in alle Richtungen. Dazu gehörten u.a. Frankfurt/M., Darmstadt und Straßburg. Es wurde nach Thüringen und an den Rhein transportiert und auf dem Wasserwege bis Bremen. Das Salz lagerte immer unter Verschluss in Magazinen oder Salz-Faktoreien und musste gegen Diebe geschützt werden. Daher waren Salzwerke und Lagerstätten stets gut bewacht. Wichtiges Handelsgut zum Tausch gegen das Salz waren u.a. Franken- und Rheinweine. Die Salzträger und Salztreiber mit ihren bepackten Tragetieren sorgten auf unwegsamen Pfaden für eine geregelte Salzversorgung der Bevölkerung in den Handelsgebieten. Die pro Kopf-Salzzuteilung setzte der Landgraf fest.

Ab 1733 kam eine technische Neuerung, die man Wassermaschine nannte zum Einsatz. Die Art der mechanisierten Arbeit nannte man Wasserrollkunst. Ein Wasserrad, auch als Mühlrad bezeichnet, übernahm die Arbeit der Pferde, was die Kosten erheblich senkte. Mit dieser Technologie wurde die Salzsole über ein ca. 2000 Meter langes Rohr- und Pumpensystem zu den Koten transportiert. Zu dieser Zeit wurden die Strohballen durch Schwarzdornbündel ersetzt, die langlebiger und besser geeignet sind. Die Rinde des Schwarzdorns verhindert das Ansetzen von Schimmel. Der Schwarzdorn muss regelmäßig ausgetauscht werden. Die mit Salz und Gips verkrusteten Bündel wurden früher für den Wegebau genutzt. Heute ist dies durch die Ablagerungen von Salz und Gips Sondermüll. 1737 erkannte man den Vorteil, gradierte Sole als Vorrat zur Verfügung zu halten. Dazu wurde ein überdachtes Reservoir angelegt. Jetzt konnte man auch bei Soleengpässen weiter sieden. Gerade im Winter, wenn die Luft kalt ist und die Verdunstung nur sehr langsam vonstatten geht, konnte durch diesen Vorrat ganzjährig produziert werden. Zu dieser Zeit verfügte das Salzwerk Allendorf über 88 Koten mit je einer Pfanne. Die Jahresproduktion belief sich in guten Jahren auf bis zu 10.000 Tonnen Salz.

Stets war man bemüht die Arbeit zu rationalisieren. Neben Jost Becker, Johannes Rhenanus, Christoph Homberg und Waitz von Eschen, verfolgte auch Carl Anton Henschel diese Ziele. Der Sohn des Firmengründers Henschel & Sohn in Kassel, arbeitete ab 1797 beim Hessischen Baudepartement und war im Salzwerk Sooden angestellt. Er heiratete Maria Cath. Kröschell aus Allendorf und wohnte dort bis 1817. Dann zog er nach Kassel und widmete sich mehr und mehr dem Familienbetrieb von Henschel & Sohn, den er schließlich ganz übernahm. Trotzdem blieb er der Saline weiterhin verbunden und wurde 1837 zum Oberbergrat befördert. Im Salzwerk führte er mehrere Neuerungen ein, die die Salzgewinnung optimierten. Das waren unter anderem der Bau einer Druck- und Saugpumpe, die über 100 Jahre in Betrieb war. 1816 baute er eine Siedepfanne mit einer Größe von 110 m². Zu dieser Zeit war das die größte Pfanne in Deutschland. Das extra dafür gebaute Siedehaus wurde um 1880 wieder abgerissen. An seine Stelle kam ein Siedehaus mit einer noch größeren Pfanne mit einer Fläche von 187 m², auch sie war wieder die Größte in Deutschland.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde begonnen, Steinsalz im Untertagebau zu gewinnen. Dies ist günstiger und effektiver. Die Salinen konnten nicht mehr mithalten, ihr Salz war zu teuer und sie mussten sich der Konkurrenz geschlagen geben. Auch die "Saline Allendorf an der Werra" und Bewohner der Orte im Umland waren davon betroffen. Armut machte sich breit. Es war die Zeit, in der viele Bürger in der Auswanderung ihre letzte Hoffnung sahen. Am 01. April 1906 wurde die Salzproduktion endgültig eingestellt und das Salz nur noch für das Heilbad genutzt. Von den ursprünglich 22 Gradierwerken, ist nur das verkleinerte Gradierwerk Nummer 5 vorhanden. Es wurde im Jahre 1601 erbaut und hat heute Abmessungen von 140 m Länge und 12 m Höhe. Ursprünglich soll es bis zum Ufer der Werra gereicht haben. Auch heute noch wird Sole, ca. 250.000 Liter am Tag, über die etwa 2.400 qm Gradierfläche des heutigen Gradierwerkes gepumpt. Dies wird ausschließlich zur Inhalation und Kuranwendungen genutzt.

 

Empfehlungen:

  • Ein Besuch des Salzmuseums am Kurpark, in Bad Sooden-Allendorf
             
  • Besuch des jährlich stattfindenden Brunnenfestes, an dem Salz wie vor hunderten von Jahren gesiedet wird, immer zu Pfingsten.
         
         

Text und alle Bilder: Jochen Spier, TMK

(last update 31.05.2025)

Hier finden Sie eine verlinkte Auflistung unserer seit Oktober 2020 vorgestellten Objekte des Monats.

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Quellen:

  • Webseite des Salzmuseums Bad Sooden-Allendorf und Besuch des Museums 2025
         
  • Wikipedia, verschiedene Abhandlungen über Salze 04-2025

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