In der menschlichen Ernährung spielt Getreide als Grundnahrungsmittel eine wichtige Rolle, ist in vielen Ländern sogar deren fast einziger Bestandteil. Aber auch als Viehfutter dient Getreide und als Rohstoff zur Herstellung sowohl von Genussmitteln (u. a. Gerste für unser Bier oder traditionell Roggen in Osteuropa für Wodka) als auch von Produkten, die einzelne Inhaltsstoffe wie die Stärke im Weichweizen zur Herstellung von Bioethanol nutzen. Zumeist werden die Früchte des Getreides – also das Korn nach der Reife von den abgemähten Pflanzen durch Dreschen abgetrennt, früher in mühseliger Handarbeit mit Sense und Dreschflegel, zwischenzeitlich mit Mähbalken am Traktor und nach der Einbringung mit Dreschmaschinen auf dem Hof, heutzutage mit rechnergesteuerten Mähdreschern komplett auf dem Feld. An einigen Sorten bleiben die mit der Kornschale (siehe übernächster Absatz) verwachsenen Deck- und Kornspelzen auch nach dem Drusch noch am Korn, bei wenigen urtümlichen Sorten auch Hüllspelzen und Bruchstücke der Ährenspindel. Traditionell wird die Kornschale bei den meisten Mehlsorten durch Mahlen oder Schleifen möglichst vollständig entfernt und als Kleie weiterverarbeitet, früher meist als Viehfutter, heute bei ballaststoffreicher Vollwerternährung auch in Backwaren und Müsli. Da es in diesem Artikel um einen Doppel-Walzenstuhl aus regionaler Herstellung geht beschränken wir diese Einleitung auf die gegebenen Informationen zu Getreide und wenden uns dem Mahlen mit einem Walzenstuhl zu (im Foto rechts bzw. oben ohne den aufgesetzten hohen Einfülltrichter , Foto *9).
Die Geschichte der Getreidevermahlung beginnt sicherlich einige zehntausend Jahre vor der Sesshaftwerdung der Menschheit und muss demzufolge auch sehr weit vor der Geschichte des "fruchtbaren Halbmonds" im Gebiet der heutigen Staaten Irak, Syrien, Jordanien und Nord-Israel eingeordnet werden, welche auch unsere Geschichte beeinflusst hat. Zunächst wurden Mörser mit glatterer und Reibschalen mit rauerer Innenfläche zur Zerkleinerung von Wildgetreiden benutzt, ein vermutlich ältester Reibestein mit etwa 30.000 Jahren wurde in Australien gefunden, also lange vor der unsere Kultur beeinflussenden Neusteinzeit (Quelle *1). Das Bild links bzw. oben zeigt eine Reibschale und -steine, ca. 6.000 v. Chr. aus dem Wadi Tafassasset in der Sahara (*2). Waren es zunächst Wildgetreide, die etwa um 11.000 v. Chr. angepflanzt wurden, entstanden in der Folge durch Züchtung unsere heutigen Getreide Weizen, Roggen, Gerste und weitere.
Ohne hier detailliert auf das zu vermahlende Korn einzugehen, ist beim Vermahlen von größter Bedeutung die Abtrennung aller Kornbestandteile, die einerseits für die mittelfristige Lagerung des Mehls, andererseits für den menschlichen Verzehr wichtig sind. Die Getreidekörner enthalten als wesentlichen Bestandteil für unsere Ernährung den Mehlkörper, der Stärke und in geringerem Umfang auch Eiweiß enthält, weiterhin den fetthaltigen Keimling, die miteinander verwachsene Samenschale und Fruchtwand sowie eine zwischen Mehlkörper und Schale liegende Aleuronschicht, die während des Kornwachstums die biologische Aufgabe hat, die innenliegenden Mehlkörperzellen zu bilden und während der Keimung den Keimling zu ernähren, siehe Bild rechts (*3) bzw. oben. Bei weitergehendem Interesse besuchen Sie bitte diese für die Ernährung informative Wikipedia-Internetseite.
Bei Ausgrabungen des – durch den Ausbruch des südöstlich von Neapel liegenden Vesuv im Jahr 79 n. Chr. – weitgehend zerstörten Pompeji wurde ein Mühlenbetrieb mit einer vermutlich durch menschliche Muskelkraft angetriebenen Kegelmühle ausgegraben, als Nachbau im archäologischen Park in Xanten am Niederrhein aufgestellt. 546 n. Chr. verwendeten die Goten bei der Belagerung Roms bereits Schiffsmühlen, bei denen der, die Stadt durchfließende Tiber die Mühlsteine über unterschlächtige Wasserräder antrieb (Bild links bzw. oben und Quelle, *4).
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Die 1848 an die Friedrich-Wilhelms-Nordbahn ausgelieferte erste HENSCHEL-Lokomotive "DRACHE" in einer historischen Aufnahme (*2)
Am 29. Juli 1848, im Juli 2023 also vor 175 Jahren, wurde von der 1810 durch Vater Georg Christian und dem zweitältesten Sohn Werner gegründeten Fa. Henschel & Sohn die erste im Stammwerk am Holländischen Platz konstruierte und gebaute Dampflokomotive namens "DRACHE" ausgeliefert und damit eine – bis zum heutigen Tage andauernde – ausgesprochen langjährige Tradition des Lokomotivbaus in Kassel begründet. Dies ist für unser TECHNIK-MUSEUM KASSEL ein sehr bedeutender Anlass, die Lieferung mit dem Objekt des Monats Juli 2023 zu würdigen, nicht nur aus allgemein-historischer, sondern auch aufgrund der bedeutenden technik- und damit industriegeschichtlichen Bedeutung für die Region.
Bestimmt war diese Lokomotive für die Friedrich-Wilhelms-Nordbahn-Gesellschaft, einer zunächst von Bankhäusern in Frankfurt und Hanau getragenen und 1844 gegründeten Privatbahn. Benannt war die Bahn nach dem damals regierenden Kurprinzen Friedrich Wilhelm I. Er war nach dem Tod seines – faktisch seit 1831 abgedankten – Vaters Wilhelm II. in 1847 der letzte Kurfürst und Landesherr des Kurfürstentums Hessen, Zeit seines Lebens dem Absolutismus verpflichtet. Wie aber kam es zu dieser Friedrich-Wilhelms-Nordbahn? Und wer hier im damaligen "Cassel" war deren eifrigster Protagonist? Zwei Fragen, die wir aus Sicht des Autors und damit eines der Gründungsmitglieder des TMK e.V. beantworten wollen, allerdings nur in der "knappsten Form eines Objekt des Monats" nicht nur im ersten, sondern leider auch in den beiden folgenden Abschnitten zur Technik des "DRACHE" und zur Geschichte des Unternehmens Henschel & Sohn sowie seiner Nachfolgegesellschaften.
Mit sechs Kilometern Gleisen zwischen den bayerischen Orten Nürnberg und Fürth, der Übernahme des englischen Schienenabstands von 4ft + 81/2" (entspr. 1.435 mm), der aus England importierten Lokomotive "Adler" und dem englischen Lokomotivführer William Wilson begann 1835 die Geschichte der Eisenbahn im späteren Deutschland. Es folgte 1837 das erste Teilstück der Leipzig-Dresdner Eisenbahn, welche bis 1839 fertiggestellt wurde, und weitere Bahngesellschaften sowie deren Strecken schlossen sich an. So entstand Ende der 1830-er Jahre der Gedanke, Preußens Kernland über die sächsischen Kleinstaaten und Kurhessen mit dem preußischen Westfalen zu verbinden. Vom thüringischen Gerstungen kommend sollte die Strecke über Bebra, die Residenzstadt Cassel, Hofgeismar nach Haueda an der westfälischen Landesgrenze verlaufen und von Hümme einen Abzweig nach Carlshafen wegen des zwar besonders ge-, aber auch restlos überschätzten Weserhafens erhalten. Dieser Abzweig wurde später als Carlsbahn bezeichnet, die kurhessische Gesamtstrecke ohne den Abschnitt Hümme-Haueda gegen Ende des Jahres 1848 fertiggestellt bzw. 1849 mit dem Anschluss an Gerstungen eröffnet. 1849 erfolgte der Lückenschluss bis Haueda und 1851 zum westfälischen Warburg (Quelle *3, Grafik links bzw. oben *4).
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