Mit Heißdampf an die Weltspitze – so lautet der Titel eines Buches, welches die Kasseler ALSTOM Power Energy Recovery GmbH, heute die ARVOS GmbH Schmidtsche Schack, aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der 1910 gegründeten Schmidt´schen Heissdampfgesellschaft mbH herausgab. Inhalt des Buches ist die Lebens- und Wirkungsgeschichte des damaligen Firmengründers Wilhelm Schmidt sowie des Unternehmens über diese 100 Jahre. Herausgreifen und mit weiteren Zeitzeugnissen verbinden soll dieser Artikel anhand des oben abgebildeten TMK-Exponats die Bedeutung der Dampfüberhitzung für die Lokomotiventwicklung.
Vor der Vorstellung dieses, die Wirkung des Wasserdampfes optimierenden Objekts des Monats zunächst ein – über mehr als drei Jahrhunderte zurückgehender – kurzer Blick in die Zeit unseres Kasseler Landgrafen Karl im 17./18. Jahrhundert und damit der Bedeutung für die regionale Technikgeschichte. Karl berief nach Aufhebung des Ediktes von Nantes (Religionsfreiheit in Frankreich) durch den katholischen König Ludwig XIV. den hugenottischen Mediziner, Physiker und Erfinder Denis Papin 1687 als Professor an die Universität Marburg.
Papin (s. Bild links bzw. oben, *1) stellte Landgraf Karl – nach seinen vorangegangenen Entwicklungen in Paris und London (u. a. der 1681 patentierte Papin´sche Dampfdruck-Kochtopf) – in 1690 eine aus einem beheizten, mit wenig Wasser befüllten Zylinder und beweglichem Kolben konstruierte "Dampfmaschine" vor. Der im Zylinder entstehende Druck des Wasserdampfs hob den Kolben an, dieser diente zur Hebung von zu pumpendem Wasser und stellte damit eine erste funktionierende Wärmekraftmaschine dar. Papin schwebte in der Folgezeit der Einsatz seiner Maschine u. a. in Bergwerken zur Abförderung von eindringendem Wasser vor, er scheiterte jedoch an der damals für diese Arbeit noch nicht möglichen Herstellung ausreichend großer Zylinder und Kolben sowie deren Abdichtung gegen das jeweils andere Medium (Wasser / Dampf / Außenluft). Ob weiterhin in Kassel in 1722 eine Pumpmaschine durch den österreichischen Freiherr Fischer von Erlach installiert wurde, ist nicht sicher überliefert. Diese zog nach Überlieferungen den Kolben nach Wassereinspritzung durch Unterdruck des kondensierten Wasserdampfs im Zylinder an und arbeitete nach dem atmosphärischen Prinzip des Engländers Thomas Newcomen. Beide mit Wasserdampf betriebenen Systeme bezeugen damit, dass Wasserdampf und damit ausgestattete Maschinen in der Residenzstadt Cassel und der Zeit danach eine sehr lange Tradition haben.
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AEG-Hilfs-Dampfturbine zur Speisewasserförderung bei Ausfall eines elektrischen Antriebs
Ein Dampferzeuger, gleich ob als stationärer Dampfkessel oder als selbst fahrende Dampflokomotive, muss nach dem Anheizen und beginnendem Dampfverbrauch ständig mit Speisewasser versorgt werden, da ansonsten bei weiterer Brennstoffzufuhr die Gefahr einer Überhitzung bis hin zur Zerstörung führen kann. In Kraftwerken werden hierfür meist Kreiselpumpen verwendet, die mittels Elektromotoren angetrieben werden. Aus Redundanzgründen werden diese üblicherweise doppelt ausgeführt, wobei die Leistung einer Pumpe ausreichend ist und die zweite in Reserve gehalten wird, z. B. für Wartungsarbeiten oder Störungen an einer der beiden. Aber auch ein Motor oder eine Schaltanlage können ausfallen, wie in der Elektrizitätsversorgung gilt hier zumeist die (n-1)-Regel: Bei Ausfall eines Elements und/oder einer ganzen Einheit kann die Gesamtanlage weiterbetrieben werden, ggf. mit einer kurzen Unterbrechung. Und dafür kann anstelle eines Elektromotors auch eine Hilfsturbine benutzt werden, denn Dampf steht ja zur Verfügung und der Dampferzeuger muss weiter mit Speisewasser bis zum Herunterfahren versorgt werden.
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