Gleichstrommaschine für Generator- und Motorbetrieb
1866 entdeckte Werner v. Siemens (geadelt 1888) das dynamoelektrische Prinzip, die Selbsterregung eines mechanisch angetriebenen Generators ohne äußere Stromzufuhr. Der in den Polen des Generators verbliebene Restmagnetismus (Remanenz) nach früherer erstmaliger Magnetisierung konnte durch Rückführung einer sich bildenden Ankerspannung auf die Erregerwicklungen (Feldspulen) zur Verstärkung des Magnetflusses genutzt werden (Bildrechte "Siemens Historical Institute") (Bildquelle: *1)
Nach Veröffentlichung der elektromagnetischen Induktion einige Jahrzehnte zuvor war zunächst eine Anwendung der auf Phänomene begrenzten Erkenntnisse und anschließend der weiteren Forschung und Entwicklung innerhalb der Naturwissenschaften ermöglicht. Schließlich war der Grundstein in der Elektrotechnik gelegt, nämlich der Erzeugung und Anwendung des elektrischen Stromes durch die Erfindungen von Werner v. Siemens und Charles Wheatstone.
Als Erster berichtete 1820 der dänische Naturwissenschaftler Hans Christian Oersted über die Ablenkung einer Kompassnadel durch einen fließenden elektrischen Gleichstrom und hatte damit nach einem 18 Jahre zuvor von einem Italiener beschriebenen, aber in Vergessenheit geratenen Experiment den Elektromagnetismus "wieder"-entdeckt, die Grundlage für viele heute genutzte Geräte und Bauteile wie dem Relais, dem Hubmagnet sowie den hier zu erläuternden Feld- und Ankerwicklungen bei rotierenden Maschinen.
1831 beschrieb der Engländer Michael Faraday die elektromagnetische Induktion mit seiner Methode des Zu- und Abschaltens von Gleichstrom durch eine Spule mit Eisenkern. In einer zweiten Spule auf dem Eisenkern wurde bei Zuschaltung der ersten für kurze Zeit eine Spannung induziert und ebenso bei der Abschaltung mit der umgekehrten Polarität. Entscheidend für die Erkenntnis der Induktion war die zeitliche Veränderung des Stroms und nicht ein konstant fließender Gleichstrom wie beim Experiment von Oersted. Lassen Sie sich die Experimente von Hans Christian Oersted und Michael Faraday sowie weitere zum gleichen Thema bei uns im TMK vorführen (Bildquelle: *2).
Mehrere Naturwissenschaftler und Erfinder entwickelten bzw. erfanden in der Folge Maschinen, die man als Vorläufer elektrischer Generatoren und Motoren unabhängig von der Stromart betrachten kann und die in unserer ausführlicheren Dokumentation, kostenfrei im TMK downloadbar, zumindest ansatzweise und ohne den vertretbaren Rahmen des Textumfangs zu sprengen beschrieben sind. 1871 ersann der belgische Konstrukteur und Erfinder Zénobe Gramme als Zweiter eine Ringankermaschine, fand dafür Geldgeber und wurde geehrt. Zu diesem Zeitpunkt war allerdings das dynamoelektrische Prinzip sowohl von Werner v. Siemens als auch von Charles Wheatstone bereits erfunden und setzte sich gegenüber allen anderen Entwicklungen durch. Geblieben ist dennoch zunächst bei einigen Entwicklungen wie dem Wechselstrommotor der "Grammering" bis sich die Trommelwicklung in Nuten zur deutlichen Verringerung des Luftspaltes zwischen feststehender Feldwicklung und rotierender Ankerwicklung durchsetzte.
Werner Siemens wählte 1866 hierfür bei feststehenden Feldspulen die Reihenschluss-Schaltung, indem er die vermutlich niederohmigen Wicklungen auf den beiden Polen – wie dargestellt – in Reihe mit dem angetriebenen Anker schaltete. Ein bei richtigem Anschluss die Remanenz verstärkender Feldstrom floss durch beide Feldspulen über den Kommutator (Stromwender) zum Anker zurück, bei falschem Anschluss wäre die Remanenz geschwächt worden. Charles Wheatstone hingegen wählte die Nebenschluss-Schaltung, in dem er die hochohmigere Feldwicklung parallel zum Anker anschloss, was auch ohne äußeren Verbraucher zu einem sich selbst verstärkenden Feldstrom führte (Selbsterregung). Die Eigenschaften beider Schaltungen bei Generatoren und Motoren werden in der Dokumentation im TMK erläutert und die Selbsterregung durch Parallelschaltung wird bei Führungen und Vorträgen experimentell vorgeführt, auch der falsche Anschluss zur Verringerung der durch die Remanenz erzeugten Spannung.
Die wesentlichen Elemente der Selbsterregung bei der Entdeckung des dynamoelektrischen Prinzips durch Werner Siemens sind in der Zeichnung dargestellt (Bildrechte "Siemens Historical Institute") (Bildquelle: *1):
- Die auf zwei magnetisierbare Eisenkerne mit einem hinteren verbindenden Joch aufgebrachten beiden Erregerwicklungen für den magnetischen Nordpol und Südpol mit ihren, den drehbaren Doppel-T-Anker weitgehend umschließenden Polschuhen.
- Auf dem Doppel-T-Anker ist eine Wicklung angebracht, deren Enden an den beiden Segmenten des Kommutators (Stromwenders) angeschlossen sind. Die Wicklung durchläuft bei jeder vollen Drehung des Ankers sowohl das durch den Nordpol in den Anker eintretende magnetische Feld, z. B. bei Linksdrehung unten liegend von links nach rechts, wie auch anschließend das den Anker verlassende und in den Südpol eintretende Feld obenliegend von rechts nach links. Dabei wird in der Ankerwicklung eine Wechselspannung erzeugt, die durch den Kommutator durch die Verbindung mit der jeweils anderen Bürste gleichgerichtet wird.
- Auf den Kommutatorsegmenten liegt je eine Bürste zur Stromabnahme auf, hier bestehend aus einem federndem Blechstreifen, und bei späteren, über den Ankerumfang verteilten Trommelwicklungen mit deutlich höherer Segmentzahl aus Graphit bestehend (siehe Foto unten).
- Die beiden Erregerwicklungen sind, in sich in Reihe geschaltet, an den Kommutator angeschlossen und bilden in dieser Darstellung mit der Ankerwicklung eine Reihenschaltung auch ohne einen äußeren Verbraucher.
Wenige Worte zu dreien der bisher genannten Fachbegriffe und ohne für den zweiten Fachbegriff in die Festkörperphysik "einzudringen":
- Hans Christian Oersted hatte 1820 die Erzeugung eines magnetischen Feldes durch einen stromdurchflossenen Leiter "wieder"-entdeckt und Michael Faraday 1831 letztlich die Umkehrung dieses Effektes, nämlich die Erzeugung einer elektrischen Spannung durch ein bewegtes – also sich sowohl auf- wie auch abbauendes – Magnetfeld. Beide Effekte sind die Grundlage für elektrische Maschinen.
- Ferromagnetismus (von lateinisch Ferrum "Eisen") ist die bekannteste Art des Magnetismus von Festkörpern. Sie wird dadurch erklärt, dass die magnetischen Momente (Elementarmagnete) der Atome des Materials dazu neigen, sich parallel auszurichten. .... Ferromagnetische Werkstoffe magnetisieren sich in einem externen Magnetfeld so, dass sich die magnetische Flussdichte in ihrem Inneren im Vergleich zum Außenraum erhöht, und werden dadurch in Richtung höherer Feldstärken ("in das Magnetfeld hinein") gezogen. .... Ferromagnete zeigen die Tendenz, ihre magnetische Ordnung auch entgegen äußeren Einflüssen beizubehalten. Das führt u. a. dazu, dass sie die im Inneren erzeugte magnetische Ordnung und somit das von ihnen erzeugte äußere Magnetfeld beibehalten, auch wenn sie keinem Magnetfeld mehr ausgesetzt sind. Diese Tendenz bezeichnet man als Remanenz des Ferromagnetismus. .... (Textquelle: *3).
Ein Kommutator (von lat. commutare "vertauschen") richtet durch wechselweise Verbindung der beiden Enden der hier nur einspulig dargestellten Wicklung des abgebildeten Doppel-T-Ankers die dort erzeugte Wechselspannung gleich. Er stellt also stets an einem der beiden als Bürste fungierenden Blechstreifen auf den beiden Kommutatorsegmenten den Pluspol und an dem anderen den Minuspol bereit. Da Gleichstrommaschinen dieses Prinzips sowohl als Generator wie auch als Motor betrieben werden können sorgt der Kommutator dafür, dass die Ankerwicklung unter den Polschuhen des Nord- wie auch des Südpols stets in gleicher Richtung vom Strom durchflossen wird und damit bei einem Motor ein in gleiche Drehrichtung wirkendes Drehmoment erzeugt wird. In der Abbildung oben sind für einen Universalmotor (als Reihenschlussausführung der Feld- und Ankerwicklung sowohl an Gleich- wie an Wechselstrom betreibbar) alle wesentlichen Bestandteile abgebildet (Bildquelle: *4).
So weit, so gut! Aber nach welchen physikalischen Prinzipien und daraus erstellten Regeln erfolgt die Spannungserzeugung in einer sich in einem Magnetfeld drehenden und an einen Kommutator angeschlossenen Spule? Leider kursieren hierzu im Internet – auch animierte – Darstellungen, die dies nicht richtig erläutern. Wir greifen daher bei unserer im TMK vorgestellten Erläuterung zur Gleichstrommaschine auf Abbildungen zurück, die aus einem Lehrbuch aus den 60-er Jahren des verg. Jahrh. stammen. Zwar ist der Verfasser Prof. Dr.-Ing. Franz Moeller als Ehrenmitglied des VDE Braunschweig erst vor 52 Jahren verstorben, er wäre aber bei einer leider nicht mehr möglichen Ansprache des Autors und Bitte um Genehmigung sicherlich einverstanden gewesen.
Text und sonst. Bilder: Wolfgang Dünkel, TMK
(last update 21.09.2022)
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Grafik- und Bildquellen:
*1: Dynamomaschine von Werner v. Siemens: Bildrechte "Siemens Historical Institute"
*2: Eviatar Bach, https://commons.wikimedia.org/wiki/File: Faraday_emf_experiment.svg, gemeinfrei
*3: https://de.wikipedia.org/wiki/Ferromagnetismus
*4: Ulfbastel, https://de.wikipedia.org/wiki/Kommutator_(Elektrotechnik)#/media/Datei:Emotaufbaude.jpg