Handdruckspritzen – Vorgänger moderner Feuerlöschpumpen
Beim Objekt des Monats August handelt es sich um Handdruckspritzen, die Vorgänger moderner Feuerlöschpumpen. Diese wurden durch Muskelkraft betrieben und hatten eine lange Entwicklungsgeschichte.
Feuer war viele Jahrtausende eine Strafe Gottes, da man nicht in der Lage war, größeren Bränden Herr zu werden. Einzelne Personen, die mit Sand oder Wasser Feuer löschen wollten, waren damit meist überfordert und so hatte die Feuersbrunst Macht über die Menschen und ihr Besitztum. Schon in der Antike war man in der Lage, mit Katapulten brennende Pechkugeln mit verheerender Wirkung gegen Feinde abzufeuern, jedoch das Feuer selbst konnte man kaum bändigen, obwohl aus dieser Zeit erste organisatorische Löschhilfen übermittelt wurden.
Bereits 250 v. Chr. hatte der Grieche Ktesibios eine Doppelkolbenpumpe gebaut, mit der Wasser gefördert werden konnte (s. links). Erste Handdruckspritzen zur Brandbekämpfung stammen aus der Zeit um 1500, sie waren primitiv, unzuverlässig und hatten eine geringe Leistung (s. rechts).
Die Entwicklung zu leistungsfähigen und zuverlässigen Handdruckspritzen sollte noch weitere 250 Jahre dauern. Das Funktionsprinzip ist relativ einfach. Beim Betätigen des Pumpenhebels wird durch das Hochziehen oder Verschieben eines Kolbens im Pumpenzylinder ein Unterdruck erzeugt. Dadurch wird das Wasser durch ein Einlassventil in den Zylinder gesaugt. Wird der Pumpenhebel nach unten gedrückt, bewegt sich der Kolben, und das Einlassventil schließt sich. Gleichzeitig öffnet sich ein Auslassventil, wodurch das Wasser unter Druck in die Leitung oder den Auslass befördert wird. Durch gleichmäßiges Pumpen kann kontinuierlich Wasser gefördert werden. Die Ventile sorgen dafür, dass das Wasser nur in eine Richtung fließt. Pumpen mit dieser Technologie wurden vornehmlich im Bergbau für die Grubenentwässerung und zur Wasserförderung aus Brunnen genutzt. Eine Weiterentwicklung führte zu den Handdruck-Feuerspritzen für die Brandbekämpfung.
Die Arbeitsweise einer Handdruck-Feuerlöschpumpe basiert auf einem einfachen Prinzip: Wasser wird mithilfe einer manuellen Pumpe aus einem angebauten Behälter, angesaugt. Diese Pumpe wird durch Muskelkraft betrieben, indem Feuerwehrleute abwechselnd an den Hebeln der Spritze drücken und ziehen.
Dadurch wird Druck aufgebaut, der notwendig ist, das Wasser durch die Schläuche zu befördern und es in einem gezielten Wasserstrahl gegen das Feuer zu richten. Die Behälter der Handdruckspritzen wurden mit Blei, Kupfer, Zink oder Messing ausgeschlagen. Der Bottich musste laufend mit Wasser befüllt werden um die Pumpe im Betrieb zu halten.
Hierzu wurden überwiegend Löscheimer genutzt, mit denen eine Menschenkette gebildet wurde. Löscheimer wurden überwiegend aus Leder oder Holz hergestellt. Die menschliche Eimerkette, die das Wasser zur Pumpe transportierte, hatte gut zu tun, denn nur wenn ausreichend Wasser im Bottich vorhanden ist, kann die Pumpe betrieben werden.
Jede Wohneinheit war verpflichtet einen Löscheimer griffbereit zu besitzen. Damit musste man im Brandfall zur Feuerstelle eilen und sich an den Löscharbeiten beteiligen. Es war für jedermann verpflichtend, beim Löschen zu helfen. Wer keinen Eimer besaß oder mitbrachte, wurde hart bestraft.
1517 wurde der Goldschmied Anton Plattner in Augsburg dafür bezahlt eine Handdruckspritze auf einem Räderfahrgestell herzustellen. Sie soll die erste funktionsfähige, fahrbare Spritze in dem damaligen Deutschland gewesen sein. Die 2-Zylinder Kolbenpumpe war in einem Kupferkessel integriert. Diese Pumpe war sehr teuer und nur wenige Städte konnten sich diesen Luxus leisten. Überwiegend wurden tragbare, oder auf Kufen montierte Pumpen hergestellt, die mit einem festmontiertem Schwanenhals-Strahlrohr ausgestattet waren.
Die weltweit älteste, noch erhaltene, fahrbare Handdruckspritze stammt aus dem Jahr 1624 und befindet sich im Feuerwehrmuseum in Fulda. Sie entstand im Dreißigjährigen Krieg und wurde vermutlich in Thüringen gebaut. Sie hat ein einzylindriges Pumpwerk aus Messing, das in einen mit Blei ausgekleideten Trog eingebaut wurde. Da es sich um eine einzylindrische Pumpe ohne Windkessel handelt, dürfte der Wasserstrahl nur stoßweise erfolgt sein. Das sogenannte Schwanenhalsstrahlrohr konnte horizontal und vertikal geschwenkt werden. Schläuche gab es zu dieser Zeit noch nicht. Ende des 17. Jahrhunderts gab es eine Vielzahl von Handdruckspritzen, die in kleinen Manufakturen hergestellt wurden. In dem Buch „Feuerwehrgeschichte“ von Wolfgang Hornung-Arnegg, Kohlhammer-Verlag Ausgabe 4 August 1995 findet sich eine Auflistung von 532 Firmen, die zwischen 1602-1920 Handdruckspritzen herstellten. Eine Vollständigkeit dieser Auflistung konnte vom Autor nicht garantiert werden.
Im 18. und 19. Jahrhundert ging man mehr und mehr dazu über, die Spritzen auf Fahrgestelle aufzubauen, um die Mobilität zu erhöhen. Die Präzision der Gießereien und mechanischen Werkstätten dieser Ära half die Fertigung von handbetriebenen technischen Geräten wie Pumpen und Spritzen zu verbessern. Dies führte zu robusteren und leistungsfähigeren Geräten. Mechanische Bauteile wurden präziser, und die Einführung von hochwertigeren Metallen und Legierungen sorgte für eine deutliche Leistungssteigerung und Langlebigkeit. Durch das Saugen und Drücken, gerade bei ein zylindrischen Pumpen ist es schwierig einen gleichbleibenden Wasserstrahl aufzubauen. Das Wasser spritzt rhythmisch im Takt der Pumpenbewegung. Um diesen Nachteil aufzuheben wurden Pumpen mit einem Windkessel versehen. Dieser Windkessel ist mit Luft gefüllt. Beim Pumpen wird ein Teil des Wassers in den Windkessel gedrückt, der die darin befindlich Luft zusammenpresst. Beim folgenden Leerhub drückt die komprimierte Luft das Wasser aus dem Kessel in den Schlauch und verhindert so das Abreißen der Wasserstrahls.
Da jeder Hersteller für sich entwickelte, hatten die Spritzen unterschiedliche Leistungsdaten. Im Rahmen der Normverfahren durch das Kaiserreich, wurden 1888 die technischen Daten für Feuerspritzen festgeschrieben. Nachfolgend die Eckdaten dieser Normung:
Technische Daten der Normung von 1888
- 100 mm Zylinderdurchmesser
- bei 30 bis 35 Doppelhüben / Minute eine Fördermenge ca. 180 L Wasser / min.
- 8 m Saughöhe
- 28 bis 29 m Strahlweite
- 23 m Strahlhöhe
- Verschraubung der Druckschläuche mit Normalgewinde
- das Spritzwerk musste einem Wasserdruck von 12 kg auf den Quadratzentimeter drei Minuten widerstehen.
Mit dem Aufkommen von kleineren, transportablen Dampfmaschinen begann man nach und nach die Handkolbenpumpen abzulösen.
Später nutzte man die Dampfkraft auch für den Fahrantrieb, wodurch die Zugpferde entfielen. Nachteilig war, dass der Kessel ständig unter Dampf gehalten werden musste. Man sprach nun von Feuerlöschfahrzeugen.
Das Problem des Vorheizens wurde über eine kleine Zeitspanne um 1910 gelöst, in der man zusätzlich einen Elektroantrieb verbaute. Die Fahrzeit mit den Batterien reichte aus, den Zeitraum zu überbrücken, bis genug Dampfdruck zum Fahren und Pumpen vorhanden war. Dies waren erste Hybridfahrzeuge. Auch Kassel hatte 1911 solch ein Fahrzeug angeschafft.
Der Verbrennungsmotor war bereits erfunden und hatte sich bewährt, aber man traute sich nicht mit einem benzinbetriebenen Fahrzeug in die Nähe eines Brandherdes zu fahren, da man Angst hatte, das Benzin könnte explodieren. Damit verschwanden die Handdruckspritzen nicht, sie wurden zum Teil noch bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts genutzt.
Die erste benzinmotorgetriebene Feuerlöschpumpe der Welt stellte Gottlieb Daimler her. Das Patent für die von Pferden gezogenen Feuerspritzen mit Verbrennungsmotor erwarb er am 29. Juli 1888. Der Einzylindermotor mit der Leistung von 1 PS, trieb dabei eine Kolbenpumpe des Feuerspritzenfabrikanten Heinrich Kurtz an.
Handdruckspritzen von Henschel
Einer der 532 bekannten Hersteller von Handdruckspritzen war Johannes Henschel, der nachweislich 1614 in Mainz, eine Feuerspritze herstellte. Es ist davon auszugehen, dass einer seiner Nachfahren sich in Gießen niederließ und dort eine Stückgießerei betrieb, die von 1700-1782 bestand. Aus diesem Betrieb stammte Christian Carl Henschel. Er wurde am 24.04.1759 geboren und kam 1777 nach Kassel, wo er eine Anstellung als Stückgießer in dem 1702 gegründeten Hessisch-Landgräflichen-Gießhaus in Kassel erhielt. 1780 heiratete er die Tochter des damaligen Gießmeisters Anton Storck und holte zwei Jahre später seine Familie nach.
Das Gießhaus in Kassel stellte neben Kanonen, Glocken, Wasserrohren und vielen anderen Produkten auch Pumpen her. Sie hatten nicht nur Kunden in der Region. Nachweislich wurde 1788 eine fahrbare, von Christian Henschel gebaute Handdruckspritze, nach Zittau geliefert. 1805 erhielt Christian Henschel als Nachfolger von Anton Storck dessen Privilegien, auch das für Pumpen. Aus diesem Jahr stammt die älteste im Technikmuseum Kassel vorhandene Handdruckspritze. Sie wurde 1805 an die Gemeinde Trendelburg geliefert und war dort bis 1930 als Löschpumpe im Einsatz. Christian Henschel verbesserte die Wirkungsweise und Handhabung von Pumpen und zählte zu den führenden Unternehmen auf diesem Gebiet.
Nach einem Streit mit Gerome Bonaparte, der von 1806-1813 in Kassel regierte, verlor er seine Privilegien und gründete mit seinem Sohn Johann Werner 1810 die Firma Henschel & Sohn. Anton Henschel, ein weiterer Sohn von Christian Henschel, der später anstelle seiner Bruders Werner in das Unternehmen eintrat, setzte neue Maßstäbe im Bau von Pumpen und Dampfkesseln, für die er mehrfach ausgezeichnet wurde. Das Technik-Museum Kassel verfügt zurzeit über 4 Handdruckspritzen unterschiedlicher Baujahre, von denen zwei von Henschel hergestellt wurden. Hier links ist das Typenschild der Handdruckspritze von 1855 für Crumbach dargestellt.
Henschel Handdruckspritze von 1805
Diese hier vorgestellte Handdruckspritze wurde von Christian Henschel gebaut und 1805 an die Gemeinde Trendelburg geliefert. Sie wurde von Pferden gezogen und befindet sich momentan in der Restauration.
Henschel Handdruckspritze von 1855
Diese, ebenfalls von Pferden gezogenen Handdruckspritze aus dem Jahr 1855 war bei der Gemeinde Crumbach, heute Lohfelden, im Einsatz. Sie konnte später auch von Traktoren oder ähnlichen Zugmaschinen bewegt werden.
Das linke Teilbild zeigt den "Schwanenhals" der fahrbaren Crumbacher Handdruckspritze mit unten dem Hebel für das Wasseraustrittsventil. Rechts ist die einfache Bremse des Wagens dargestellt, welche manuell an den Radreifen gedrückt werden musste
Handdruckspritze von 1885
Diese von Hand gezogene Handdruckspritze wurde in Kassel-Oberzwehren zur Feuerbekämpfung eingesetzt. Sie ist mit einem Windkessel, wie bereits beschrieben, ausgestattet (rechts abgebildet).
Text und nicht bes. gekennz. Bilder: Jochen Spier, TMK
(last update: 31.08.2025)
Hier finden Sie eine verlinkte Auflistung unserer seit Oktober 2020 vorgestellten Objekte des Monats.
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Quellen:
- Vortrag Horst Lefèvre bei der CTIF-Tagung 4-1996, Hand- und Tiergezogenen Feuerwehrfahrzeuge, Seite 42 ff.
- Wikipedia Feuerlöschpumpen, zuletzt aufgerufen 17.02.2024
- Buch, Feuerwehrgeschichte, zweite Auflage, Wolfgang Hornung, Kohlhammerverlag
Bilder:
- Handdruckspritze von 1905, Technik-Museum Kassel in Kassel · HolidayCheck
- Schwarzweißabbildungen, Scans aus dem Buch, Feuerwehrgeschichte, zweite Auflage, Wolfgang Hornung, Kohlhammerverlag